25. Juli 2023

Zahnarzt auf der Polli

Unterstrich_grau

Dr. Kyaw Zayar Min ist seit einigen Jahren für die Artemed Stiftung auf der schwimmenden Klinik „Polli“ im Irrawaddy River Delta als Zahnarzt tätig. Heute erzählt er uns in einem Interview von seinem Alltag und den Herausforderungen auf dem Schiff.

Artemed Stiftung (AS): Herr Dr. Kyaw Zayar Min, wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus?

Dr. Kyaw Zayar Min (KM): Mein typischer Arbeitstag beginnt um 8:00 Uhr morgens und endet um 17:00 Uhr. Allerdings kann der Zeitplan aufgrund von Patientenstandort und Notfällen variieren. Manchmal müssen die Patienten auf kleinen Booten warten, bis genug Platz auf der Polli ist. Zudem kümmern wir uns um Notfälle wie Bauchschmerzen, hohes Fieber, Ohrenverletzungen und Zahnproblemen. Auf unserer Polli haben wir zwei Allgemeinärzte und einen Zahnarzt, die sich um die täglichen Patienten:innen kümmern.

AS: Wie würden Sie Ihre Arbeitsumgebung beschreiben?

KM: Unsere Mannschaft auf der Polli besteht aus dem Crew-Team und dem medizinischen Team. Die Crew ist verantwortlich, die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten und die Anreise in die Zieldörfer zu organisieren. Sie arbeitet im Wechsel Tag und Nacht, begrüßt und unterstützt die Patienten und wechselt sich nachts ab, um auf Notfälle und Wetterbedingungen zu achten.

Das medizinische Team, bestehend aus Ärzten:innen und Pfleger:innen, übernimmt täglich die medizinische Versorgung, 23 Tage am Stück.

Abends kommen beide Teams zusammen, um unsere Klinik und die Räumlichkeiten zu reinigen. Insgesamt herrscht ein sehr angenehmes Arbeitsklima und wir kommen alle gut miteinander aus.

AS: Mit welchen Herausforderungen sehen sich Ihre Patienten:innen konfrontiert?

KM: Die Dörfer rund um Pyapon und Bogale liegen meist entlang des Flussufers und weit entfernt von größeren Städten. In der Nähe gibt es daher keine Krankenhäuser, nur ländliche Apotheken oder kleine Praxen. Viele Dorfbewohner bekommen so keine angemessene medizinische Versorgung. Darüber hinaus hat sich die wirtschaftliche Situation vieler Familien nach der COVID-19-Pandemie und dem Militärputsch verschlechtert. Die Leute kämpfen täglich mit finanziellen und Gesundheitsproblemen. Die meisten Dorfbewohner müssen mit kleinen Booten oder Motorrädern in städtische Gebiete reisen, was teuer und zeitaufwendig sein kann. Viele Eltern können sich den Schulbesuch ihrer Kinder nicht mehr leisten, insbesondere für weiterführende Schulen. Stattdessen schicken sie ihre Kinder oft zur Arbeit in Fabriken oder Geschäften, um ihre Familien zu unterstützen. Die Menschen in diesen Gebieten sind daher sehr dankbar über den einfachen Zugang zur angemessenen Behandlung auf der Polli und sehr zufrieden mit unserer Arbeit.

AS: Welche sind Ihre größten Herausforderungen?

KM: Eine meiner größten Herausforderungen besteht darin, den Patienten:innen neben der Akutbehandlung auch Gesundheitserziehung zu bieten. Es gibt zum Beispiel einige, die aus Gewohnheit Betelnuss* kauen, was zu großen Zahnproblemen und Mundhöhlenkrebs führen kann. Viele vernachlässigen die Mundhygiene leider sowieso komplett oder reinigen ihre Zähne nur beim Duschen. Dafür verwenden sie häufig unkonventionelle Methoden wie Holzkohle, Backpulver oder Salz anstelle von Zahnbürsten und Zahnpasta. Einige Patienten leiden beim Zähneputzen unter Zahnfleischbluten. Bereits Kinder kommen mit Zahnverfall zu uns, verursacht durch übermäßigen Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken. Diese Herausforderungen zu bewältigen und sicherzustellen, dass die Patienten die Bedeutung von Mundhygiene und allgemeiner Gesundheit verstehen, ist eine wichtige Aufgabe.

AS: Was reizt Sie besonders an dieser Aufgabe?

KM: Ich hege eine tiefe Leidenschaft für meinen Beruf, weil er es mir ermöglicht, den Bedürfnissen von Patienten:innen mit schlechter Mundhygiene und Zahnproblemen, insbesondere denjenigen, die Schmerzen haben, zu helfen. Linderung zu bringen und präventiv durch Gesundheitserziehung zu arbeiten, bereitet mir größte Zufriedenheit. Ein Lächeln als Ausdruck der Dankbarkeit der vielen Menschen, die zu uns kommen, ist die treibende Kraft für meine Hingabe zu diesem Beruf.

AS: Was ist Ihre Vision für die Zukunft?

KM: Als gemeinnützige Organisation ist unsere Vision, unseren Patienten:innen umfassende Unterstützung in psychologischer, geistiger, körperlicher, erzieherischer und finanzieller Hinsicht zu bieten. Wir streben danach, ihre Gesundheit insgesamt zu verbessern und ihre Lebensdauer zu verlängern und vor allen Dingen die Lebensqualität zu verbessern. Das Ziel unserer Mission ist es, mit unserer Polli Licht ins Dunkle zu bringen und den Menschen Hoffnung zu schenken. Mein Wunsch wäre, unsere Polli-Mission weiterhin so effizient wie möglich zu halten und, unterstützt von unseren großzügigen Spendern:innen, weiterhin positive Auswirkungen zu erzielen.

*Die Betelnuss wird in einigen asiatischen Ländern als Droge konsumiert. Der Konsum führt zu Wohlbefinden und hat eine ähnliche Wirkung wie Alkohol. Er hat ein sehr hohes Abhängigkeitspotenzial. Die Substanz wirkt schnell, darüber hinaus sind die Bestandteile der Betelmixtur hochgradig krebserregend. In Myanmar ist die Betelnuss ein legales Rauschmittel

Teile diesen Beitrag

Spenden

Unterstützen Sie die Artemed Stiftung bei der Mission „Gemeinsam heilen helfen“ und schenken Sie Menschen in Not mit Ihrer Spende Gesundheit!

Einsatzorte

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten