Honig schmeckt nicht nur lecker auf dem Frühstücksbrot, sondern spielt auch schon seit über tausenden von Jahren eine wichtige Rolle in der Medizin. Seine antibakterielle und heilende Wirkung ist schon lange bekannt und daher wurde er in der Vergangenheit vielfach zur Behandlung von z. B. Wunden eingesetzt.
Durch die Entdeckung von Antibiotika 1928 hat er allerdings in der klassischen Schulmedizin seinen Platz als ‚Medikament‘ verloren und seine vielfältigen Einsatzoptionen sind daher bei uns weitgehend unbekannt.
Auch für Dr. Michael Fakharani, Orthopäde aus Bremen, waren die Möglichkeiten Honig in der Medizin einzusetzen bisher eher unbedeutend. Erst ein Einsatz zur Behandlung von Klumpfüßen in Tansania lehrte ihn etwas Besseren und brachte ihm den Honig als Heilmittel zurück ins Gedächtnis. Da er selber begeisterter Hobbyimker ist, hat ihn diese Sache natürlich neugierig gemacht.
In einem Interview erzählt er uns von seinen Erfahrungen und seinem wunderbaren Projekt, das daraus entstanden ist.
Artemed Stiftung: „Herr Dr. Fakharani, eigentlich sind Sie ja ein klassischer Schulmediziner und praktizieren auch in diesem Bereich. Wie kam es, dass Sie von Honig als medizinisches Mittel so überzeugt sind?“
Dr. Fakharani: „Bei einem humanitären Einsatz von mir in Tansania habe ich gesehen, wie Wunden von Patienten mit Honig behandelt wurden. Das Ergebnis hat mich damals absolut fasziniert: Die Wunden sind innerhalb kürzester Zeit verheilt. Teilweise schneller, als ich es von meinen Patienten hier zuhause kannte. Als Naturwissenschaftler hat mir das natürlich keine Ruhe gelassen und ich wollte mehr über dieses ‚Wunderheilmittel‘ erfahren. So habe ich nach Publikationen gesucht und mich auch mit den verschiedenen Arten von Honig beschäftigt. Die Recherche brachte sehr interessante Resultate: Es gab bereits viele Fachartikel basierend auf wissenschaftlichen Studien, die genau meine Beobachtungen bestätigten.“
Artemed Stiftung: „Und was gab Ihre Suche nach den verschiedenen Honigarten?“
Dr. Fakharani: „Tatsächlich sind es nicht die verschiedenen Honigarten, die hier eine entscheidende Rolle spielen, sondern die unterschiedlichen Bienensorten. Der besonders wertvolle Honig, der auch in dem St. Walburgs‘ Hospital in Nyangao, Tansania eingesetzt wurde, stammt von sogenannten ‚stachellosen Bienen‘.“
Artemed Stiftung: „Also Bienen, die nicht stechen können? Was macht diese Biene, bzw. ihren Honig so besonders?“
Dr. Fakharani: „Der Honig dieser Bienen besitzt besondere Wirkstoffe und diese auch konzentrierter. Dafür muss eine stachellose Biene aber auch viel mehr arbeiten um Honig zu erzeugen: Im Gegensatz zu der ‚normalen‘ Honigbiene, die ungefähr pro Volk im Jahr bis zu 75 kg Honig produziert, kommt ein Volk der stachellosen Verwandten auf nur knapp einem kg! Das macht den Honig natürlich besonders teuer und rar.“
Artemed Stiftung: „Was ist nun Ihre Idee gewesen?“
Dr. Fakharani: „Mir war schon immer wichtig, den mittellosen Leuten in Tansania zu helfen – das sind in erster Linie verwitwete Frauen, die kaum finanzielle Ressourcen haben und eine sehr schlechte Stellung in der Gesellschaft. Meine Idee war daher diesen Frauen zu helfen, indem wir Ihnen durch Schulungen und der richtigen Ausstattung das Zeug zur eigenen Imkerei geben. Und zwar in erster Linie zur Haltung der stachellosen Bienen.“
Artemed Stiftung: „Eine tolle Idee! Funktioniert das?“
Dr. Fakharani: „Ja, das klappt wunderbar! Die Frauen sind unfassbar motiviert und sehen ihre Chance hier Geld zu verdienen und gleichzeitig etwas Gutes für die Gesellschaft zu produzieren. Für mich hat das Projekt aber noch viel mehr positive Seiten: So hat die stachellose Biene zum Beispiel einen sehr großen Nutzen im Ökosystem, denn sie bestäubt ganz andere Pflanzen, als die normale Honigbiene. So sind unter anderem wichtige und wertvolle Nutzpflanzen, wie die Cashew- und Makadamianuss und die Mango in erster Linie von der stachellosen Biene abhängig. Die (Er-) Haltung dieser Biene trägt also auch maßgeblich auch zur Biodiversität bei. Darüber hinaus stellt Honig einen super gesunden Ersatz für Zucker dar, der leider auch in Tansania in viel zu großen Mengen konsumiert wird.“
Artemed Stiftung: „Ein Projekt also, dass gleich vier positive Aspekte mit sich bringt: Arbeit für die arme Bevölkerung, die Produktion eines wunderbaren Heilstoffes, den Schutz von Biodiversität und ein Beitrag zur gesünderen Ernährung der Bevölkerung.“
Dr. Fakharani: „Ja, so könnte man es zusammenfassen!“
Artemed Stiftung: „Haben Sie denn auch Zukunftspläne?“
Dr. Fakharani: „Natürlich wäre es toll, wenn man das Projekt noch weiter ausbauen könnte. Ich plane weitere Einsätze in verschiedenen Regionen, wo ich das Handwerkszeug der Imkerei an die Leute weitergeben möchte. Besonders würde ich mich freuen, wenn es in der Zukunft auch Teil des ‚Community Health Projektes‘ der Artemed Stiftung werden könnte.“
Artemed Stiftung: „Tatsächlich würde es sehr gut in dieses Projekt reinpassen! Lieber Herr Fakharani, haben sie herzlichen Dank, dass Sie uns von ihrem Projekt berichtet haben. Wir freuen uns über weitere Zusammenarbeit und wünschen Ihnen alles Gute mit dem Projekt!“