28. Januar 2022

Neue Artikelserie: Planetary Health

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Wie ist es möglich, dass auf unserer Erde möglichst viele glückliche und gesunde Menschen wohnen?

Dieser grundsätzlichen Frage sind internationale Experten bei einem Treffen in Canmore, Kanada, im April 2018 nachgegangen. Ergebnis war eine Grundsatzdeklaration für die sogenannte planetare Gesundheit (‚Planetary Health‘). Sie steht im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und beschreibt die dringende Notwendigkeit die menschliche Gesundheit und den Planeten Erde untrennbar voneinander zu betrachten.

Schon lange unumstritten ist die Tatsache, dass unsere derzeitige Lebensweise negative Auswirkungen, wie die Zerstörung von Ökosystemen oder ein sich änderndes Klima, auf unsere Lebensgrundlage – dem Planeten Erde hat. Darüber hinaus führt ein verändertes Freizeit- und Konsumverhalten in der Gesellschaft weltweit zu gesundheitlichen Problemen, wie Bewegungsmangel oder Fehlernährung. Durch eine Zunahme der Industrialisierung und der damit einhergehenden Luftverschmutzung, nehmen Herz-Kreislauf, Lungen- und Krebserkrankungen zu. Studien haben ergeben, dass allein die Verbrennung fossiler Energieträger circa neun Millionen vorzeitige jährliche Todesfälle verursacht. Davon sind 92 % in den Entwicklungs- und Schwellenländern.

Durch die Erkenntnis über die tiefgreifenden direkten und indirekten Auswirkungen des globalen Wandels auf unsere Gesundheit, haben in jüngster Vergangenheit das Thema Klima- und Umweltschutz in der Medizin stark an Bedeutung gewonnen. 2015 wurde in der Fachzeitschrift ‚The Lancet‘ das Konzept der Planetary Health vorgestellt und definiert mit den ‚Zusammenhängen zwischen der menschlichen Gesundheit und den politischen, ökonomischen und sozialen Systemen, sowie den natürlichen Systemen unseres Planeten, von denen die Existenz der menschlichen Zivilisation abhängt‘ (Whitmee et al., 2015). Auf dem oben erwähnten Treffen in Canmore wurde das Konzept durch die Canmore-Deklaration gefestigt (Prescott et al., 2018). Dabei beschreibt Planetary Health nicht nur die Interaktion zwischen Gesundheit und Umwelt. Vielmehr ist es auch Ziel Lösungen zu erarbeiten, das Miteinander und die Interaktionen durch verschiedenste Entwicklungen zu erhalten.

Die Komplexität und die oft erstaunlichen und überraschenden Zusammenhänge der verschiedenen Ökosysteme erfordern daher ein hohes Maß an transdisziplinärer und internationaler Zusammenarbeit. Gesundheitliche Probleme in Entwicklungsländer, wie zum Beispiel ein Anstieg von Schwangerschaftshypertonie und Präeklampsie in Bangladesch, ließen sich zunächst nicht erklären. Erst auf den zweiten Blick wurde der Zusammenhang zwischen einem erhöhten Salzgehalt im Grundwasser, bedingt durch eine Zunahme des Meeresspiegels, erkannt (Schulz und Herrmann, 2021). Auch die vielerorts beobachtete Ausbreitung von Malaria, vor allem in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, ist eine indirekte Folge des Klimawandels: Höhere Temperaturen bedingen eine Verbreitung der Anopheles-Mücke, die Vektor des Malariaerregers Plasmodium ist.

Bei genauerer Betrachtung der medizinischen Teilbereiche, wird offensichtlich, dass quasi jede Fachrichtung direkt oder indirekt von sich ändernden Umweltbedingungen betroffen ist. Dabei betrifft es in manchen Feldern nur spezifische Bevölkerungsgruppen oder Regionen, bei anderen lassen sich weltweit gleiche Auswirkungen feststellen.

Natürlich werden auch wir in unseren Projektländern Myanmar, Tansania und Bolivien von den Veränderungen nicht verschont bleiben, und neue Herausforderungen bewältigen müssen. Und durch die meist vorherrschenden einfachen sanitären Verhältnisse und mangelnde medizinische Versorgung, wird davon ausgegangen, dass insbesondere Entwicklungsländer mit den Folgen zu kämpfen haben werden.

Um rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und negativen Folgen vorzubeugen, ist zum einen ein fundiertes Wissen über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Umwelt essentiell. International angelegte Studien mit interdisziplinären Arbeitsgruppen liefern dazu wesentliche Beiträge. Zum anderen ist es aber auch von zentraler Bedeutung, das Gesundheitssystem in diesen Ländern bestmöglich aufzustellen. Dabei ist die Ausbildung von Fachpersonal, das Bereitstellen von medizinischem Equipment ebenso wichtig, wie eine funktionierende Stromversorgung und IT-Systeme. Projekte die diese Art von Arbeit unterstützen, dienen daher maßgeblich zur präventiven Vorsorge.

In den kommenden Monaten werden wir die verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen im Kontext des Klimawandels beleuchten. Dabei wird es nicht nur um die gesundheitlichen Probleme gehen, sondern auch erläutert werden, wie die einzelnen Bereiche ihren Beitrag zum Klimaschutz liefern können. Darüber hinaus stellen wir Projekte vor, die durch innovative Ansätze wegweisend sind, eine Erde zu schaffen, auf der möglichst viele glückliche und gesunde Menschen wohnen.

 

Prescott, S.L. et al. (2015): The Canmore Declaration: Statement of Principles for Planetary Health. Challenges 2018, 9, 31. https://doi.org/10.3390/challe9020031.

Schulz, C., und Herrmann, M. (2021): Planetary Health. In: Schulz et al. [Hrsg]. Planetary Health. Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthopozän. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021, Berlin. ISBN: 3954666502

Whitemee, S. et al. (2015): Safeguarding human health in the Anthropocene epoch: report of The Rockefeller Foundation–Lancet Commission on planetary health. Volume 386, ISSUE 10007, DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(15)60901-1

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