16. August 2022

Geschichten die bleiben…

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Dr. Marcelo von den Street Doctors in Bolivien war von Anfang an dabei. Als Allgemeinarzt hat er bereits viel gesehen, viel erlebt und auch viel geheilt. Dennoch gibt es immer wieder Geschichten und Schicksale, die ihm besonders nahe gehen; Geschichten, die er nicht vergisst. So auch die, der 15-jährigen Madelen, welche er uns erzählt hat:

Madelen hat ihren Vater nie kennengelernt. Als Halbwaise wohnte sie einige Jahre mit ihren Geschwistern bei ihrer Mutter, bis sie auch diese bei einem Unfall verlor. Von nun an lebte das Mädchen immer wieder auf der Straße und versuchte sich irgendwie über Wasser zu halten und das Nötigste zum Überleben für sich zu organisieren. Seit einiger Zeit ist sie bei ihrer Großmutter untergekommen; diese muss sich neben Madelen um 13 weitere Enkelkinder kümmern. Als Jugendliche hat das junge Mädchen hier bereits eine große Mitverantwortung und muss helfen sich um das Leib und Wohl der Kinderschar zu kümmern. Es fehlt an Nahrung, Kleidung und Zugang zu Bildung. Vor allen Dingen fehlt es aber an den finanziellen Mitteln, sich eine medizinische Versorgung leisten zu können. So wurden auch die Street Doctors auf die Kinder aufmerksam und Dr. Marcelo lernte Madelen kennen. Wie bei vielen anderen Straßenkindern führte er Vorsorgeuntersuchungen bei ihr durch und behandelte sie, wenn es ihr schlecht ging.

Vor ca. zwei Jahren wurde bei einem der Besuche festgestellt, dass Madelen ein Baby erwartet. Die Schwangerschaft erwies sich als recht problematisch und letzten Endes musste der kleine Junge per Kaiserschnitt in einem Krankenhaus geholt werden. Zwei Wochen lang hörte Dr. Marcelo nichts mehr von ihr, bis sie schließlich mit Übelkeit, Fieber und starken Schmerzen wieder hilfesuchend die fahrende Praxis kontaktierte. Die junge Mutter war stark geschwächt und es grenzte an ein Wunder, dass sie es mit dem Neugeborenen überhaupt bis zu den Ärzten geschafft hatte. Die Diagnose war dann allerdings schnell gestellt: Die Naht am Bauch hatte sich hochgradig entzündet. Die Narbe war stark gerötet, angeschwollen und Eiter trat aus. Es herrschte akute Gefahr vor einer Blutvergiftung, die unverzüglich behandelt werden musste. Höchstwahrscheinlich war die Infektion durch verunreinigte Fäden hervorgerufen worden, die immer noch in der Wunde steckten. Nachdem Dr. Marcelo diese entfernt hatte und die Wunde desinfiziert war, wurden dem Mädchen erst einmal einige Stunden Schlaf gegönnt, während sich das Personal der Street Doctors um das Baby kümmerten. Einige Wochen noch musste Madelen Antibiotika nehmen, bis es ihr wieder ganz gut ging.

Diese Behandlung kam für die junge Frau in letzter Sekunde – und diese Behandlung hätte sie sich selber niemals leisten können – Ohne sie, wäre sie vermutlich gestorben. Dann hätte es ein weiteres Waisenkind in La Paz gegeben.

Die ängstlichen Augen der Patientin mit dem Säugling auf dem Arm, die selbst eigentlich noch ein Kind war, wird Dr. Marcelo nicht vergessen. Er ist jedoch unendlich dankbar, dass er dem Mädchen und seinem Kind helfen konnte, und freut sich jedes Mal, wenn es nun mit seinem kleinen Jungen zur Untersuchung zu ihm kommt.

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